- Normalglühen / Normalisierungsglühen / Kornfeinung
- Spannungsarmglühen
- Weichglühen / Glühen auf kugeligen Zementit (GKZ Glühen)
- Rekristallisationsglühen / Erholungsglühen
- Diffusionsglühen / Homogenisierungsglühen
- Grobkornglühen / Hochglühen
- Stabilisierungsglühen
- Lösungsglühen / Homogenisieren
- Allgemeine und häufig gestellte Fragen zum Thema Glühen von metallischen Werkstoffen
Alle Glühverfahren führen, sofern sie unter Luftatmosphäre durchgeführt werden, zum Verzundern und/oder Entkohlen der Werkstücke.
Die Prozesstemperatur, der Werkstoff und die Anforderungen an die Oberfläche nach der Wärmebehandlung bestimmen die Wahl der Prozessgase.
Werkstoff | Eingesetzte Schutzgase |
Unkritisches Verhalten hinsichtlich Entkohlung / Oxidation / Aufstickung |
Stickstoff |
Beseitigung Oberflächenoxide |
Stickstoff, Wasserstoff (bis 100% Wasserstoff) |
Kritisches Verhalten hinsichtlich Entkohlung |
Stickstoff, Kohlenstoffspender |
Kritisches Verhalten hinsichtlich Entkohlung und Oxidation |
Stickstoff, Kohlenstoffspender |
Kritisches Verhalten hinsichtlich Aufstickung |
Argon (Wasserstoff) |
Normalglühen / Normalisierungsglühen / Kornfeinung
Das Normalglühen findet vorzugsweise bei untereutektoiden Stählen Anwendung, deren Gefüge durch Fertigungsverfahren wie zum Beispiel Schmieden, Walzen, Gießen oder Schweißen negativ beeinflusst wurden.
Beim Normalglühen wird der Stahl bis knapp über die Umwandlungstemperatur erwärmt, sodass sich das Ferrit-Perlit-Gefüge in Austenit wandelt. Nachdem das Gefüge vollständig austenitisiert wurde, wird der Stahl langsam an Luft abgekühlt.
Da sich während dieser Wärmebehandlung bei der Umwandlung von Austenit in Ferrit die Körner neu bilden, tritt eine Kornfeinung ein. Daher wird das Normalglühen zum Beseitigen von ungleichmäßigem und grobem Gefüge angewendet.
Die Abkühlung nach dem Glühen muss langsam erfolgen. Bei zu schneller Abkühlung kann sich, insbesondere bei höher legierten Stählen, Martensit oder Zwischenstufengefüge bilden.
Merkmal | Beschreibung |
Temperaturen |
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Haltezeit |
Der Ferrit muss vollständig und die Carbide müssen nahezu vollständig aufgelöst werden. |
Eingesetzte Schutzgase |
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Gasversorgungen |
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Spannungsarmglühen

Durch Spannungsarmglühen erfolgt der Abbau innerer Spannungen ohne Gefügeveränderungen. Gründe für Spannungen im Bauteil liegen beispielsweise
- in der Herstellung des Grundwerkstoffs
- in der Kaltverformung oder
- in ungleichmäßigem Erwärmen und Abkühlen (beispielsweise durch Schweißen)
Merkmale | Beschreibung |
Temperaturen | Unterhalb Ac1; sehr langsames Erwärmen und Abkühlen |
Haltezeit | 1 - 2 Stunden |
Eingesetzte Schutzgase |
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Gasversorgungen | Stickstoff- und Argon-Versorgung |
Weichglühen / Glühen auf kugeligen Zementit (GKZ Glühen)

Weichglühen wird angewendet, wenn eine hohe Umformbarkeit oder Spanbarkeit zur weiteren Bearbeitung erforderlich ist.
Bei untereutektoiden Stählen wandelt sich der lamellare Zementit durch Diffusionsprozesse in die thermodynamisch günstigere, rundlichere Form um. Es bildet sich aus dem Streifenzementit des Perlits entsprechend Kugelzementit.
GKZ Glühen (Glühen auf kugeligen Zementit) wird bei Stählen mit einem Kohlenstoffgehalt von > 0,8 % angewendet und häufig als Synonym für Weichglühen verwendet.
Durch Weichglühen wird die Umformbarkeit bei anschließenden Prozessen – wie zum Beispiel Walzen, Biegen oder Tiefziehen – aufgrund deutlich verringerter Kräfte wesentlich erleichtert. Die bessere Spanbarkeit erhöht die Standzeit der Werkzeuge.
Merkmale | Beschreibung |
Temperaturen |
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Haltezeit | Bis zu 100 Stunden |
Eingesetzte Schutzgase | Stickstoff |
Gasversorgungen | Stickstoff- und Argon-Versorgung |
Rekristallisationsglühen / Erholungsglühen

Durch Rekristallisationsglühen oder Erholungsglühen wird die Verfestigung in kaltverformten Stahl ohne wesentliche Umwandlungen im Gefüge beseitigt. Es entsteht wieder das Ausgangsgefüge als Vorbereitung für eine erneute Umformung.
Im Bereich der Erholung kommt es zunächst zu einer starken Rückbildung der physikalischen Eigenschaften, wie beispielsweise des elektrischen Widerstands, während die mechanischen Eigenschaften kaum geändert werden.
Im Bereich der Rekristallisation findet eine Kornneubildung statt, ausgehend von den am stärksten verformten Bereichen im Gefüge. Die sich nach dem Rekristallisationsglühen einstellenden mechanischen Eigenschaften eines Werkstoffs werden primär durch die Korngröße bestimmt. Es handelt sich um einen Diffusionsprozess, der temperatur- und zeitabhängig ist.
Um bei mehrstufigen Prozessen die Umformbarkeit des Werkstoffes zu erhalten, muss das Gefüge zwischen jedem Umformschritt rekristallisiert werden. Diese Verfahrensform wird dann auch als Zwischenglühen bezeichnet.
Der Effekt der Rekristallisation kann auch bereits während des Umformprozesses selbst genutzt werden, indem im Bereich der Rekristallisationstemperatur umgeformt wird.
Merkmale | Beschreibung |
Temperaturen |
Unterhalb Ac1 und oberhalb der Rekristallisationstemperatur (Anhaltswert: 04*TS [K]) |
Haltezeit | Temperaturabhängig; Minuten bis mehrere Stunden |
Eingesetzte Schutzgase | Stickstoff |
Gasversorgungen | Stickstoff- und Argon-Versorgung |
Diffusionsglühen

Beim Erstarren von Stählen mit hohen Legierungskonzentrationen kann es dazu kommen, dass sich die Legierungselemente nicht homogen im Gefüge bzw. in den einzelnen Kristallen verteilen. Solche Konzentrationsunterschiede innerhalb der einzelnen Kristalle werden auch Kristallseigerungen oder Seigerungen genannt und durch Diffusionsglühen ausgeglichen.
Da Seigerungen bereits während der Erstarrung von Stahl entstehen, werden diese in der Regel direkt im Stahlwerk am Gussblock beseitigt. Zumal das Verfahren aufgrund der hohen Temperaturen und langen Glühzeiten anspruchsvoll und sehr energieintensiv ist. Anschließend erfolgt ein Normalglühen zur Kornfeinung.
Merkmale | Beschreibung |
Temperaturen | 1.050 – 1.300°C |
Haltezeit | bis zu 50 Stunden |
Eingesetzte Schutzgase | Stickstoff |
Gasversorgungen | Stickstoff- und Argon-Versorgung |
Grobkornglühen / Hochglühen

Das Grobkornglühen ist ein Normalglühen bei überhöhter Temperatur, zur Erreichung eines gröberen Korns (daher auch die Bezeichnung Hochglühen). Es wird meist zur Erhöhung der Kriechfestigkeit oder zur Verbesserung der Spanbarkeit bei kohlenstoffarmen Stählen angewendet, die sonst zum Schmieren neigen.
Nach dem Grobkornglühen erfolgt die spanende Bearbeitung, im Anschluss wird im Allgemeinen wieder eine Kornfeinung durch Normalglühen herbeigeführt.
Merkmale | Beschreibung |
Temperaturen | Oberhalb Ac3 |
Haltezeit | Mehrere Stunden |
Eingesetzte Schutzgase | Stickstoff |
Gasversorgungen | Stickstoff- und Argon-Versorgung |
Stabilisierungsglühen

Stabilisierungsglühen wird nach dem Schweißen angewendet, um Schweißverbindungen aus hochlegierten Stählen mit erhöhten Kohlenstoffgehalten wirkungsvoll vor Kornzerfall durch interkristalline Korrosion zu schützen. Die durch das Schweißen verursachten Chromkarbide an den Korngrenzen werden wieder in Lösung gebracht.
Sind Legierungselemente wie Titan, Niob oder Tantal im Gefüge vorhanden, kann das Glühgut langsam im Ofen abgekühlt werden. Dies stellt für verzugsemfindliche Bauteilgeometrien oftmals die schonendere Variante dar.
In Abhängigkeit von den Abkühlbedingungen und der Bauteilgeometrie ist es möglich, anschließend ein Spannungsarmglühen durchzuführen, um etwaige, durch schroffe Abkühlung verursachte, innere Spannungen abzubauen.
Merkmale | Beschreibung |
Temperaturen | 850°C bis 1.050°C, zügige Abkühlung |
Haltezeit | Mehrere Stunden |
Eingesetzte Schutzgase | Stickstoff |
Gasversorgungen | Stickstoff- und Argon-Versorgung |
Lösungsglühen / Homogenisieren
Aushärtbare Legierungsysteme werden einem Lösungsglühen unterzogen, in welchem die für die Ausscheidungshärtung zuständigen Legierungselemente vollständig in Lösung gehen. Nach dem Abschrecken bilden sich, in Abhängigkeit der gewählten Auslagerungs-Parameter (Kalt- und Warmauslagern,) die Ausscheidungen im Werkstoff, die eine Härtesteigerung zur Folge haben.
Das alleinige Lösungsglühen (oder Homogenisieren) ohne anschließende Ausscheidungshärtung wird häufig bei austenitischen Stählen angewendet. Insbesondere im Verlauf von Verformungsprozessen ersetzt das Lösungsglühen das Rekristallisationsglühen, da es zu einer Verbesserung der Korrosionsbeständigkeit nicht-rostender Stähle durch gleichmäßige Verteilung der Legierungselemente führt.
Die Parameter und die eingesetzten Schutzgase hängen vom Legierungssystem und den späteren Einsatzbedingungen ab.
Der Einsatz technischer Gase ist für die meisten Wärmebehandlungen unerlässlich. Die Wahl der Gaskomponenten in Art und Menge wird von vielen Faktoren beeinflusst. Um für die jeweilige Aufgabenstellung das technologisch und wirtschaftlich beste Gasgemisch zu finden, betrachten die Wärmebehandlungs-Experten von Air Liquide im Rahmen eines Ofen-Audits alle Parameter und implementieren gemeinsam mit Ihnen die beste Lösung.
Allgemeine und häufig gestellte Fragen zum Thema Glühen von metallischen Werkstoffen
Was ist Glühen und warum wird es angewendet?
Glühen ist eine Wärmebehandlung, die dazu dient, die Eigenschaften eines Werkstücks zu verändern.
Es kann eingesetzt werden, um innere Spannungen abzubauen, die Umformbarkeit oder Spanbarkeit zu verbessern, das Gefüge zu verändern (z.B. Kornfeinung oder Beseitigung von Seigerungen) oder Werkstücke auf weitere Bearbeitungsschritte vorzubereiten.
Welche verschiedenen Glühverfahren gibt es?
- Normalglühen/Normalisierungsglühen/Kornfeinung
- Spannungsarmglühen
- Weichglühen / Glühen auf kugeligen Zementit (GKZ-Glühen)
- Rekristallisationsglühen / Erholungsglühen
- Diffusionsglühen
- Grobkornglühen / Hochglühen
- Stabilisierungsglühen
- Lösungsglühen / Homogenisieren
Welches Glühverfahren ist für welchen Zweck geeignet?
Normalglühen:
Beseitigung von ungleichmäßigem und grobem Gefüge, insbesondere bei Stählen, deren Gefüge durch Fertigungsprozesse beeinflusst wurde.
Spannungsarmglühen:
Abbau innerer Spannungen ohne Gefügeveränderung.
Weichglühen:
Erhöhung der Umformbarkeit oder Spanbarkeit.
Rekristallisationsglühen:
Beseitigung der Verfestigung in kaltverformten Stahl, Wiederherstellung des Ausgangsgefüges.
Diffusionsglühen:
Ausgleich von Konzentrationsunterschieden (Seigerungen) von Legierungselementen im Gefüge.
Grobkornglühen:
Erzeugung eines gröberen Korns zur Erhöhung der Kriechfestigkeit oder Verbesserung der Spanbarkeit bei kohlenstoffarmen Stählen.
Stabilisierungsglühen:
Schutz von Schweißverbindungen aus hochlegierten Stählen vor Kornzerfall durch interkristalline Korrosion.
Lösungsglühen:
Vorbereitung aushärtbarer Legierungssysteme für die Ausscheidungshärtung oder Verbesserung der Korrosionsbeständigkeit austenitischer Stähle.
Welche Rolle spielen Schutzgase beim Glühen?
Schutzgase werden verwendet, um die Oberfläche der Werkstücke während des Glühens vor Verzunderung (Oxidation), Entkohlung oder Aufstickung zu schützen.
Die Wahl des Schutzgases hängt von dem Werkstoff, der Prozesstemperatur und den Anforderungen an die Oberfläche nach der Wärmebehandlung ab.
Häufig verwendete Schutzgase sind Stickstoff, Argon und Wasserstoff. Kohlenstoffspender können bei kritischem Verhalten hinsichtlich Entkohlung eingesetzt werden.
Was sind typische Schutzgase für verschiedene Materialien?
Unkritisches Verhalten (Entkohlung/Oxidation/Aufstickung):
Beseitigung von Oberflächenoxiden:
Stickstoff, Wasserstoff (bis 100% Wasserstoff)
Kritisches Verhalten hinsichtlich Entkohlung:
Stickstoff, Kohlenstoffspender
Kritisches Verhalten hinsichtlich Entkohlung und Oxidation:
Stickstoff, Kohlenstoffspender
Kritisches Verhalten hinsichtlich Aufstickung:
Was ist bei der Abkühlung nach dem Glühen zu beachten?
Die Abkühlgeschwindigkeit ist entscheidend und hängt vom Glühverfahren und dem Werkstoff ab. Eine zu schnelle Abkühlung kann, insbesondere bei höher legierten Stählen, zur Bildung von Martensit oder Zwischenstufengefüge führen, was unerwünscht sein kann. Beim Spannungsarmglühen ist beispielsweise ein sehr langsames Erwärmen und Abkühlen wichtig.
Was ist der Unterschied zwischen Weichglühen und GKZ-Glühen?
GKZ-Glühen (Glühen auf kugeligen Zementit) ist im Wesentlichen ein Spezialfall des Weichglühens, der bei Stählen mit einem Kohlenstoffgehalt von über 0,8 % angewendet wird. Beide Verfahren zielen darauf ab, die Umformbarkeit und Spanbarkeit zu verbessern, indem der Zementit in eine kugelige Form umgewandelt wird. GKZ Glühen wird oft synonym zu Weichglühen verwendet.
Wann wird Stabilisierungsglühen eingesetzt?
Stabilisierungsglühen wird nach dem Schweißen von hochlegierten Stählen mit erhöhten Kohlenstoffgehalten eingesetzt, um diese vor interkristalliner Korrosion zu schützen.
Was macht Air Liquide im Bereich des Glühens?
Air Liquide bietet technische Gase und Expertise für verschiedene Glühverfahren. Sie unterstützen Unternehmen bei der Auswahl des optimalen Gasgemischs und der Implementierung der besten Lösung durch Ofen-Audits.