Strangpressen ist ein Ur- und Umformverfahren zur Herstellung von Stäben, Drähten, Rohren und unregelmäßig geformten prismatischen Profilen. Das Verfahren eignet sich für fast alle Metalle, wird aber vor allem für Aluminium und Aluminiumlegierungen, Kupfer und Kupferlegierungen verwendet. Strangpressen ist besonders für die Fertigung kleinerer Losgrößen aufgrund des hohen Umformgrades und sehr geringer Werkzeugkosten interessant. Mit technischen Gasen von Air Liquide lassen sich beim Strangpressen Ausschuss und Nacharbeiten reduzieren – und die Extrusionsgeschwindigkeit um bis zu 30 Prozent steigern.
Wie funktioniert Strangpressen und wofür wird das Verfahren verwendet?
Das Strangpressen wird je nach berücksichtigter DIN-Norm zu dem Verfahren „Druckumformen“ (DIN 8582) beziehungsweise „Urformen“ (DIN 8050) gezählt. Das Verfahren wird vorrangig in der Metall- und Kunststoffindustrie zur Produktion von Werkstücken mit einem gleichbleibenden Querschnitt verwendet. Auch wenn sich das Verfahren für so gut wie alle Metalle eignet, wird es hauptsächlich für Aluminium und Kupfer sowie entsprechenden Legierungen eingesetzt. Auch für Stahl eignet sich das Verfahren gut.
Der Prozess des Strangpressens teilt sich in drei Einzelschritte auf: Erwärmung des Ausgangsmaterials, dem eigentlichen Pressvorgang mit Formgebung durch eine Matrize sowie der abschließenden Formstabilisierung durch Abkühlen.
Mit der Erwärmung wird das zu bearbeitende Material auf eine spezifische Temperatur gebracht, um es für den folgenden Pressvorgang weicher und damit besser formbar zu machen. Anschließend wird das vorgewärmte Material in einen Rezipienten, einen zylinderförmigen Behälter, eingelegt und dann durch einen hydraulisch oder mechanisch betriebenen Stempel durch eine formgebende Öffnung – die Matrize – gedrückt. Die Matrize kann als Schlüsselelement beim Strangpressen bezeichnet werden, denn sie verleiht dem Material die gewünschte Form. Die Matrize kann unterschiedlichste Querschnittsformen haben – von vergleichsweise einfachen Kreisformen für runde Werkstücke bis hin zu hoch komplexen, maßgeschneiderten Profilen. Sobald das Material durch die Matrize gepresst wird, nimmt es deren Form an und tritt als langes, kontinuierliches Profil aus.
Nach dem Austritt aus der Matrize muss das Material abkühlen. So wird die Form stabilisiert. Anschließend lässt sich das stranggepresste Bauteil auf Länge schneiden oder sägen und durch nachgelagerte Fertigungsprozesse, beispielsweise Schweißen, Biegen, Bohren oder umfangreiche Oberflächenbehandlungen weiterverarbeitet werden.
Ein Verfahren in unterschiedlichen Varianten
Das Strangpressen wird in drei Hauptvarianten aufgeteilt, mit denen unterschiedlichste Anforderungen in der Metall- und Kunststoffverarbeitung erfüllt werden. Die Varianten werden als direktes, indirektes und hydrostatisches Strangpressen bezeichnet.
Direktes Strangpressen
Beim direkten Strangpressen wird das Material in einem beheizten Rezipienten platziert. Ein Stempel drückt das Material durch eine Matrize am gegenüberliegenden Ende des Rezipienten. Während des Pressvorgangs bewegt sich das Material in dieselbe Richtung wie der Stempel. Diese Methode ist besonders effektiv für die Herstellung langer, gleichmäßiger Profile.
Indirektes Strangpressen
Das indirekte Strangpressen minimiert die Reibung zwischen dem Material und dem Rezipienten. Dafür ist der Stempel mit einer Matrize versehen und der Rezipient an einem Ende geschlossen. Der Stempel bewegt sich auf das Material zu und drückt es durch die Matrize. Da es keine Relativbewegung zwischen dem Material und dem Rezipienten gibt, wird die Reibung deutlich reduziert. Dies führt zu einer gleichmäßigeren Materialverteilung und einer längeren Lebensdauer von Stempel und Matrize. Das indirekte Strangpressen eignet sich besonders für Materialien, die zu hoher Reibung neigen oder eine hohe Oberflächenqualität erfordern.
Hydrostatisches Strangpressen
Beim hydrostatischen Strangpressen wird die Presskraft durch ein flüssiges Medium (wie Öl oder Wasser) übertragen, anstatt direkt durch den Stempel. Das Material wird in einen Behälter eingesetzt, der mit der Flüssigkeit gefüllt ist. Der Stempel drückt auf die Flüssigkeit, die wiederum das Material gleichmäßig durch die Matrize presst. Diese Methode ermöglicht einen sehr gleichmäßigen Materialfluss und reduziert die Reibung und den Verschleiß erheblich. Hydrostatisches Strangpressen wird oft für Materialien verwendet, die extrem hohe Anforderungen an die Oberflächenqualität und die Maßgenauigkeit stellen, sowie für sehr harte oder spröde Materialien.
Inertisierung mit Gasen: Effektiv Oberflächenfehlern vorbeugen
Beim Strangpressen von Metallen ist die Oxidation – die Reaktion des Materials mit dem Sauerstoff in der Luft – des durch die Matrize gepressten Materials ein kritisches Problem, das zu Oberflächenfehlern, beispielsweise Matrizeneinkerbungslinien oder Warmrissen, führen kann. Um diese Probleme zu verhindern, wird häufig die sogenannte Inertisierung eingesetzt, bei dem die Matrize mit hochreinem Argon oder Stickstoff umspült wird. Argon und Stickstoff sind Inertgase, was bedeutet, dass sie unter normalen Bedingungen chemisch sehr reaktionsträge sind. Durch das Ersetzen der Luft um die Matrize herum mit einem Inertgas wird der Kontakt zwischen dem Metall und Sauerstoff verhindert, wodurch die Oxidation vermieden wird. Für die Inertisierung beim Strangpressen ist die Verwendung von hochreinem Argon oder Stickstoff entscheidend, da selbst geringe Mengen an Verunreinigungen, insbesondere Sauerstoff oder Feuchtigkeit, die Wirksamkeit des Verfahrens deutlich beeinträchtigen können.
Die Inertisierung bietet gleich mehrere Vorteile: Sie reduziert die Gefahr von Ausschuss und macht das Polieren des extrudierten Produkts überflüssig. Gleichzeitig kühlt das eingesetzte Gas Material und Matrize. Die Extrusionsgeschwindigkeit kann um bis zu 30 Prozent gesteigert werden und die Lebensdauer der Matrizen verlängert sich deutlich.
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