Was ist eine Wasserstoffanlage und was ist ihr Zweck?

Eine Wasserstoffanlage ist eine Produktionseinrichtung, die Wasserstoff-Gas produziert, das für verschiedene Anwendungen wie Treibstoff für Fahrzeuge, industrielle Prozesse und Stromerzeugung verwendet werden kann. Ihr Zweck ist es, eine zuverlässige und für die Umwelt nachhaltige Quelle für Wasserstoff für diese Sektoren und Industrien bereitzustellen.

Anwendungsgebiete der Wasserstoffanlagen

  • Wasserstoff: Lebensmittelindustrie, Chemie und Petrochemie, Maschinenbau, Labor, Ölraffinerie, Halbleiterindustrie, Eisen- und Stahlindustrie, Raumfahrt, Glasindustrie
  • Kohlendioxid: Lebensmittelindustrie, Maschinenbau, Medizin
  • Synthesegas: Chemie, Petrochemie
  • Mobilität: Antrieb von Wasserstoff-Brennstoffzellenfahrzeugen, wie Elektroautos oder E-Trucks

Unsere Wasserstoffanlagen-Pipeline

wasserstoffanlagen

Die AIR LIQUIDE Deutschland GmbH betreibt im Rhein-Ruhr-Gebiet das größte Netz an Wasserstoffanlagen in Deutschland. Die Pipeline erstreckt sich über 240 km und beliefert Großabnehmer in dieser Region.

In Marl, am Nordrand des Ruhrgebiets, wird das größte Abfüll-Center für Wasserstoff in ganz Europa betrieben. Das Abfüll-Center ist 365 Tage im Jahr über 24 Stunden in Betrieb. Neben Wasserstoff werden noch Methan und Ethylen abgefüllt.

Arten von Wasserstoffanlagen

h2 wasserstoff

Reformierung von Erdgas oder höheren Kohlenwasserstoffen

Wasserstoff kann durch die Reformierung von Erdgas oder höheren Kohlenwasserstoffen gewonnen werden. Dabei wird in der ersten Stufe, der Rohgas-Konditionierung, das Erdgas mit Wasserstoff angereichert. Bevor es der nächsten Stufe, der Entschwefelung, zugeführt wird, wird es auf ca. 380 °C vorgewärmt. Im oberen Teil eines Reaktors werden organische Schwefelverbindungen in H2S umgewandelt. Im unteren Teil werden die Schwefelwasserstoffe von Zinkoxid (ZnO) absorbiert. Ihr Gehalt wird so auf <0,2 ppm im Rohgas reduziert.

ZnO + H2S → ZnS + H2O

Das entschwefelte Rohgas wird mit Dampf gemischt, überhitzt und der Vor-Reformierung zugeführt. Diese Stufe dient der Konvertierung von höheren Kohlenwasserstoffen. Das vorreformierte Rohgas wird wieder überhitzt. Im Reformer selbst erfolgt die Umsetzung des Gemisches aus Rohgas und Dampf mittels eines Katalysators auf Nickelbasis. Es entsteht das sogenannte Synthesegas, ein Gemisch aus Wasserstoff, CO, CO2 und Methan, entsprechend der Temperatur und den Koreaktionen nach den Gleichgewichtsgleichungen:

CH4 + H2O → CO + 3 H2
CO + H2O → CO2 + H2

Das Synthesegas verlässt den Reformer mit einer Temperatur von etwa 850 °C bis 950 °C und wird der nächsten Stufe, der CO-Konvertierung, zugeführt. Unter Anwendung eines auf Eisenoxidbasis arbeitenden Katalysators, wird der Großteil des CO mit Wasserdampf zu CO2 umgesetzt:

CO + H2O → CO2 + H2

Damit wird die gewonnene Wasserstoffmenge erhöht.

Die letzte Stufe bildet die Wasserstoffreinigung. Das Synthesegas aus dem Konverter wird gekühlt, der noch vorhandene Überschussdampf kondensiert und ausgeschleust. Mit einer PSA-Anlage (Pressure SwingAdsorption) wird das mit Wasserstoff angereicherte Gas durch Druckwechseladsorption bis zu 99,999+ Prozent gereinigt. Ein geringer Teil des Reinwasserstoffs wird der Entschwefelung zugeführt.

Das Spülgas, das bei der Reinigung der PSA-Anlage anfällt, wird als Heizgas für den Reforming-Reaktor genutzt. Der Reinwasserstoff wird dem Kunden über Pipeline oder über Trailer zugeführt. Die Wasserstoffreinigung ist auch über Tieftemperaturverfahren (kryogene Verfahren) oder mittels Membranverfahren möglich.

Energie-Nutzung

Die Reformergaswärme wird über Dampferzeugung, Erdgasanwärmung und durch Anwärmung des Kesselspeisewassers zurückgewonnen.

Synthesegas, H2/CO

Synthesegas ist ein Gemisch aus H2 und CO. Wird Synthesegas benötigt, entfällt daher die CO-Konvertierung. Stattdessen folgt auf den Reformierungsprozess eine CO2-Entfernung durch Absorption. Das entfernte CO2 kann als Beiprodukt einer weiteren Verwendung zugeführt werden.

Das Verhältnis von H2/CO im Synthesegas wird dem Bedarf entsprechend eingestellt. Oder es wird eine weitere Trennung in reinen Wasserstoff und reines CO vorgenommen. Diese Trennung kann mittels einer VSA-Anlage (Vacuum Swing Adsorption), eines Membranverfahrens oder eines Coldboxverfahrens erfolgen.

Weitere Möglichkeiten der Wasserstoffgewinnung

Autothermische Reformierung:
Die autothermische Reformierung unterscheidet sich von der Dampfreformierung nur durch denReformerreaktor selbst. Bei der Dampfreformierung laufen die endothermen Reformierungsreaktionen und die zur Wärmezufuhr benötigten Verbrennungsreaktionen in räumlich getrennten Zonen ab. Beim autothermen Reformer hingegen finden beide Prozesse gekoppelt in einer Reaktionszone statt. Durch die parallel ablaufende Verbrennung zur Wärmeerzeugung wird eine optimale Wärmeübertragung für die Reformierung erreicht.

Partielle Oxidation:
Eine weitere Möglichkeit der Wasserstoffgewinnung beziehungsweise zur H2/CO-Gewinnung ist die partielle Oxidation. Sie beinhaltet die Umsetzung von Erdgas oder schwerer Kohlenwasserstoffe (zum Beispiel Rückstandsöle aus der Erdölverarbeitung, schweres Heizöl) mit Sauerstoff. Zur Erzeugung von Wasserstoff und CO werden chemische und physikalische Wäschen zur Entfernung des CO2 eingesetzt.

Bei der reinen Wasserstofferzeugung wird in einem nachgeschalteten CO-Shift-Reaktor das im Produktgas enthaltene CO mit Wasserdampf zu CO2 und H2 weiter umgesetzt.

2 CH4 + H2O + O2 → CO + CO2 + 5 H2

Anschließend wird das CO2 entfernt. Die Kapazitäten grosstechnischer Anlagen liegen bei über 20.000 m³/h CO und/oder 60.000 m³/h H2.

Ausbildung und Zertifizierung für Betreiber

Die Schulung und Zertifizierung für Betreiber in der Wasserstoffanlage von Air Liquide Deutschland sind entscheidend, um hohe Sicherheitsstandards aufrechtzuerhalten und sicherzustellen, dass das Personal angemessen vorbereitet ist, um mit Notfällen umzugehen.

Regelmäßige Wartung und Inspektionen

Regelmäßige Wartung und Inspektionen sind grundlegende Bestandteile der Sicherheitsprotokolle einer Wasserstoffanlage, um sicherzustellen, dass die Anlagen sowohl effizient als auch sicher betrieben werden. Diese Prozesse sind besonders wichtig im Kontext der Energiewende, da sie zur Integration eines zuverlässigen Wasserstoff-Kernnetzes beitragen.