Glas Mineralwasser

CO2-Emissionen gelten als ein Treiber für den Klimawandel. Die Klimaschutzziele der Bundesregierung sehen daher eine Reduktion der CO2-Emissionen um 85 Prozent bis 2050 vor, bereits 2020 sollen 40 Prozent eingespart werden. Die Industrie ist hierbei auf einem guten Weg: In diesem Sektor wurden 2014 bereits 36 Prozent weniger CO2 gegenüber dem Wert von 1990 ausgestoßen. Das Gas fällt als Nebenprodukt bei chemischen Prozessen an und kann z.B. in Form von Kohlensäure für Getränke sinnvoll genutzt werden. Großtechnisch gesehen gibt es drei Herstellungsverfahren, um CO2 für die Lebensmittelindustrie herzustellen: Zum einen kann es aus unterirdischen Quellen („Quellkohlensäure“) gewonnen werden, zum anderen fällt CO2 als Nebenprodukt bei chemischen Prozessen an, wie z.B. bei der Herstellung von Ammoniak („Prozess-CO2“) sowie bei Fermentationsprozessen, wie z.B. der Bioethanolherstellung („Gär-CO2/biogenes CO2“). Bei allen Prozessen wird das gewonnene Rohgas in verschiedenen Aufbereitungsschritten gereinigt und anschließend verflüssigt.

Wiederverwendung von CO2 am Beispiel der Ammoniaksynthese

Ammoniak ist eine bedeutende und in großen Mengen produzierte Grundchemikalie und perfekt geeignet, um CO2 verlässlich als Nebenprodukt zu nutzen. Das sogenannte „Prozess-CO2“ fällt bei der Ammoniaksynthese, z.B. bei der Düngemittelproduktion, in konstanter Qualität an. Da es die eigentliche Synthese stört, muss es vor dem Gewinnen des Endproduktes – in diesem Falle Ammoniak – aus dem großindustriellen Prozess entfernt werden. Air Liquide bereitet dieses ohnehin anfallende Nebenprodukt auf, um es Kunden für verschiedene Anwendungen zur Verfügung zu stellen. Ein großer Gewinn – nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht, sondern auch für den Klimaschutz: CO2, das ohnehin anfällt und sonst ungenutzt in die Atmosphäre entweichen würde, wird so sinnvoll eingesetzt.

Klimaneutrales CO2 aus Bioethanolanlagen

Bioethanolanlagen

Auch in Bioethanolanlagen entsteht CO2: Bei den hier stattfindenden Fermationsprozessen werden Zucker und Ethanol zu CO2 abgebaut. Dieses Kohlendioxid wird auch als „biogenes CO2“ bezeichnet. „Bio“ steht hier – wie bei der Bezeichnung „Bioethanol“ – nicht für ein aus der natürlichen Landwirtschaft stammendes Produkt, sondern macht lediglich deutlich, dass pflanzliche Rohstoffe das Ausgangsprodukt sind. Mit der Verabschiedung von EG-Richtlinien zur Förderung der Erzeugung von Bioethanol und der Einführung von E10, also Benzin mit einer Beimischung von bis zu 10 Prozent Bioethanol, an deutschen Tankstellen, wurde dieses Verfahren auch für die CO2-Produktion relevant. Allerdings ist die Akzeptanz von E10 in der Bevölkerung nach dem verhaltenen Marktstart im Jahr 2011 weiterhin rückläufig. Laut dem Bundesverband der deutschen Bioethanolwirtschaft (BDBe) nahm 2017 der Anteil von E10 am gesamten Benzinmarkt um 0,2 Prozentpunkte auf 12,4 Prozent ab. Die Herstellung von Bioethanol zur Verwendung als Kraftstoffzusatz wird vor dem Hintergrund der Nutzungs- und Flächenkonkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion kontrovers diskutiert. Zudem ist die Verfügbarkeit pflanzlicher Rohstoffe klimatischen und saisonalen Schwankungen unterworfen, was zu einer nicht gleichbleibenden Qualität des bei der Fermentation gebildeten Gases führen kann.

Wenig klimafreundlich: „Quellkohlensäure“

Ganz anders sieht es bei der Gewinnung von sogenannter „Quellkohlensäure“ aus, die gelegentlich auch als „natürliche Kohlensäure“ bezeichnet wird. In der Natur entsteht CO2 vor allem im Bereich von erloschenen oder aktiven Vulkanen. Zwar kann es auch an einigen Stellen selbstständig austreten, ergiebiger und daher der herkömmliche Weg zur Gewinnung des Gases sind aber gebohrte Kohlendioxid-Quellen. Aus Tiefen von 100 bis 3000 Metern wird das Rohgas mit natürlichem Mineralwasser oder als feuchtigkeitsgesättigtes Gas gefördert.

In Deutschland beträgt der Anteil von Quell-CO2 immer noch etwa ein Viertel des gesamten produzierten und verflüssigten Kohlendioxids. Die Umwelt wird dabei nicht unwesentlich belastet. Das in der unterirdischen Quelle gespeicherte CO2 kann keinen Schaden anrichten. Nun holt man das klimaproblematische Gas aber ganz bewusst an die Oberfläche. Die Reinigung der Quellkohlensäure lässt zudem große Mengen Abwasser zurück, die aufwendig aufbereitet werden müssen. Des Weiteren fällt bei der Förderung häufig das radioaktive Gas Radon mit an.

Grundsätzlich könnte man den CO2-Bedarf der Industrie decken, wenn man nur das als Nebenprodukt anfallende Kohlendioxid auffangen und aufbereiten würde. Es laufen auch schon erste großtechnische Demonstrationsprojekte, um das Gas direkt an Kraftwerken abzuspalten und unterirdisch zu speichern (CCS Carbon Capture and Storage). Vor diesem Hintergrund erscheint es paradox, dass an anderen Stellen noch CO2-Bohrungen stattfinden.

Zuverlässige Qualität

Prickelnde Angelegenheit

Air Liquide fokussiert sich auf die klimafreundliche und verlässliche Erzeugung des Kohlendioxids als Nebenprodukt von chemischen Prozessen. Für die Gewinnung des CO2 sind zunächst physikalische und chemische Trennschritte, sogenannte „Wäschen“, erforderlich. Es folgt die Nachreinigung durch Wäschen, katalytische Verfahren, Abscheiden und Strippen. Nach diesen Feinreinigungsstufen erfolgt die Trocknung über Molekularsiebe und die Verflüssigung des Gases. Das so gewonnene CO2 wird also nicht extra für die weitere Verwendung erzeugt, sondern ist bereits vorhanden und wird, statt in die Atmosphäre entlassen zu werden, aufbereitet. Das funktioniert seit Jahrzehnten und sorgt für eine zuverlässige Kohlendioxid-Qualität. In der Getränkeindustrie kommt das CO2 direkt mit den späteren Endprodukten in Kontakt bzw. wird zu deren Bestandteil. Das Gas entspricht daher der Qualität von Zusatzstoffen.

Reinheit über gesetzlichen Anforderungen

Nach der Zusatzstoff-Kennzeichnungsverordnung wird CO2 als E290 deklariert und muss bestimmten Reinheitsspezifikationen entsprechen. Die gesetzliche Reinheit von Gasen, die als Zusatzstoffe verwendet werden, liegt bei mindestens 99 Prozent. Die Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit aller Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen müssen eindeutig sein. Zudem muss für die Produktion und Distribution von lebensmittelkonformen Gasen ein sogenanntes HACCP-Konzept (HACCP = Hazard Analysis and Critical Control Point) eingerichtet werden. Air Liquide erfüllt die wachsenden Qualitätsansprüche mithilfe speziell entwickelter Lebensmittelgase, die unter dem Namen ALIGAL geführt werden. Sie weisen eine Reinheit von mindestens 99,5 Prozent auf und übertreffen damit deutlich die gesetzten Anforderungen. Für CO2, das in der Brau- und Getränkeindustrie zum Einsatz kommt, gelten bei Air Liquide sogar die strengen Qualitätsrichtlinien der ISBT (International Society of Beverage Technologists) mit einer Reinheit von mindestens 99,9 Prozent. Neben CO2 in Lebensmittelqualität bietet Air Liquide seinen Kunden auch das Equipment für den Gaseintrag – abhängig von den Anforderungen im mit Gas vorgespannten Tank, im Inline-Mischer oder über ein CO2-Düsensystem.

Ausblick

Um im Sinne des Pariser Klimaabkommens von 2015 die Erderwärmung auf möglichst 1,5°Celsius zu beschränken, sind nach Berechnungen des Weltklimarates IPCC (The Intergovernmental Panel on Climate Change) zusätzlich zu anderen Maßnahmen auch sogenannte „negative Emissionen“, also das Entziehen von CO2 aus der Atmosphäre, notwendig. Erste Forschungsprogramme laufen bereits erfolgreich. Entsprechende Verfahren sind vielversprechend für die Zukunft, derzeit allerdings noch zu aufwendig und zu kostenintensiv, um CO2 in großindustriellen Mengen auf diesem Wege zu produzieren. Doch wir sind bereits heute alle in der Verantwortung – dies bedeutet für uns bei Air Liquide zukünftig auf CO2 aus erbohrten Quellen zu verzichten und uns auf das Recycling des Nebenproduktes CO2 aus industriellen Prozessen zu konzentrieren.

Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel ist in der Fachzeitschrift GETRÄNKEINDUSTRIE - 'Beverage Industrie' (Ausgabe 3/2019) erschienen.

Übrigens: Air Liquide investiert in den Neubau einer CO2 Quelle am Standort Oberhausen. Die Quelle soll Ende des ersten Quartals 2020 in Betrieb gehen und dem deutschen Markt mehr als 30.000 Tonnen CO2 in Lebensmittelqualität zur Verfügung stellen.