Getränke

Stickstoff ist unbegrenzt verfügbar und spielt in der Lebensmittelindustrie eine zentrale Rolle. Er ist inert und reaktionsträge und daher sehr gut geeignet als Schutzgas zur Vermeidung von Oxidation. Stickstoff wird zum Entfernen von Sauerstoff bei der Produktion (Sauerstoffentzug aus der Flüssigkeit und Inertisieren von Tanklagern) sowie beim Abfüllen von Getränken (Kopfrauminertisierung und Druckstabilisierung von PET-Behältnissen) eingesetzt. Oder auch zum Zapfen von Weinen und Bieren mit wenig Kohlensäure.

Schutz vor Oxidation

Der Luftsauerstoff verringert durch oxidative Prozesse die Haltbarkeit von flüssigen Produkten und muss daher möglichst aus diesen entfernt werden. Durch den Kontakt mit Sauerstoff leiden Qualität, Haltbarkeit sowie Nährstoffqualität und Aroma. Hitze und Licht können diese unerwünschten Prozesse noch verstärken. Dies gilt besonders für funktionelle Getränke mit oxidationsempfindlichen Inhaltsstoffen, wie zum Beispiel Antioxidantien, sekundären Pflanzenstoffen oder natürlichen Farbstoffen und Aromen. Die enthaltenen wertgebenden Inhaltsstoffe müssen vor Oxidation geschützt werden, damit sie bis zum Erreichen des Mindesthaltbarkeitsdatums in ausreichend hohen Konzentrationen im Getränk nachweisbar sind. Auch die Entwicklung von Schimmelpilzen und Hefe oder Gärungsprozesse können durch Oxidation begünstigt werden.

Entfernen von Sauerstoff

Der Sauerstoff wird durch sogenanntes Strippen der Flüssigkeit mit gasförmigem Stickstoff entfernt. Der gasförmige Stickstoff wird, z. B. beim Umpumpen in einer Transferleitung, in das flüssige Produkt eingedüst. Hierbei diffundiert der Sauerstoff in den eingetragenen Stickstoff, bevor anschließend die Gasphase in einem Entgasungstank abgetrennt wird. Weitere wichtige Ansatzpunkte sind das Inertisieren von Tanklagern und Rohrleitungen sowie das Inertisieren kurz vor bzw. nach dem Abfüllen der Getränke. Sauerstoff wird vor dem Befüllen mit dem Produkt mithilfe von Stickstoff aus den Tanklagern herausgedrückt. Nach dem Befüllen wird der verbleibende Kopfraum mit Stickstoff gespült. Dies kann nach dem Überdruckprinzip oder geregelt abhängig vom Restsauerstoffgehalt erfolgen. Im Vorratstank und im Verkaufsbehälter füllt das inerte Gas anstelle der Luft den Kopfraum aus und verhindert auch hier Oxidation und Mikrobenwachstum.

 

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Stabilisierung der Behälter

Das Druckstabilisieren von Flaschen und Dosen mit stillen Getränken erhöht die Stabilität der Behälter, was vor allem bei dünnwandigen Gefäßen wie PET-Flaschen wichtig ist. Dazu wird direkt vor dem Verschließen eine kleine Menge flüssiger Stickstoff – oft nur ein Tropfen – mit einer speziellen Dosiereinheit auf die Oberfläche des Getränkes gegeben. Nachdem die Flasche verschlossen ist, verdampft der Stickstoff und erzeugt so einen vordefinierten Überdruck zwischen 100 mbar und 2 bar. Die Flasche wird stabil, liegt gut in der Hand und wird stapelbar und so besser transportierbar. Das spart Kosten und senkt so den Getränkepreis. Bei besonders oxidationsempfindlichen Produkten erfolgt die Injektion des Stickstoffs wie oben beschrieben bereits vor dem Befüllen, um den Luftsauerstoff aus dem leeren Gebinde auszutreiben.

Herstellverfahren von Stickstoff

Es gibt verschiedene Herstellungsverfahren, um Stickstoff in Lebensmittelqualität zu erzeugen. In erster Linien wird zwischen der kryogenen Luftzerlegung und der nicht kryogenen Luftzerlegung (Pressure Swing Adsorption oder Trennung mittels Membranen) unterschieden. In kryogenen Luftzerlegungsanlagen wird die Luft vorgekühlt, bevor die Gase unter Ausnutzung ihrer unterschiedlichen Siedetemperaturen getrennt werden. Dieses Verfahren führt zu besonders reinen Gasen, im Falle des Stickstoffs ist die Reinheit > 99,9999 %.

Die nicht kryogene Luftzerlegung mittels Druckwechsel-Adsorption (PMA Pressure Swing Adsorption) erreicht ebenfalls einen hohen Reinheitsgrad von bis zu 99,9 %. Saubere, trockene Luft wird mittels des Kompressors verdichtet und aufbereitet (Drucklufterzeugung). Anschließend erfolgt die Trennung mittels eines Filters und die Pufferung. Ein weiteres bewährtes Herstellungsverfahren ist das Membranverfahren. Hier wird die Luft ebenfalls verdichtet und getrocknet. Anschließend wird sie durch Filtersysteme und Hohlfasermembranen geführt. Dieses Verfahren nutzt die unterschiedlichen Diffusionsgeschwindigkeiten der Luftbestandteile. Ausgangsstoff ist Stickstoff mit einer Reinheit von bis zu 99,5 %.

Garantierte Reinheit

Da die eingesetzten Gase in direkten Kontakt mit den flüssigen Produkten kommen bzw. zu deren Bestandteil werden, haben die Lebensmittelgase von Air Liquide, die unter dem Markennamen ALIGAL vertrieben werden, Zusatzstoffqualität und entsprechen den gesetzlichen Anforderungen, zum Beispiel in Bezug auf ihre Reinheit. Produktion, Abfüllung und Distribution der ALIGAL-Gase sind gemäß HACCP auditiert, bewertet und dokumentiert. Darüber hinaus sind die ALIGAL-Gase als Zusatzstoffe gekennzeichnet sowie von der Produktion bis hin zur Auslieferung durch Chargierung lückenlos rückverfolgbar.

Die Eigenerzeugung von Stickstoff birgt dagegen für den Produzenten immer ein Risiko hinsichtlich der gleichbleibenden Qualität. Die strengen Reinheitswerte können schnell durch äußere Umstände gefährdet werden. Zum Beispiel bei den Stickoxiden: Der Hersteller kann die exakte Zusammensetzung seiner Umgebungsluft nicht zu jedem Zeitpunkt genau kennen. Zum Beispiel ist die Konzentration von Stickoxiden in der Luft bereits erhöht, wenn ein Dieselfahrzeug unvorhergesehen an der Produktionsanlage vorbeifährt. Skandale kann sich im schnelllebigen Markt heute niemand mehr leisten. Mit angeliefertem Stickstoff ist die gleichbleibende Qualität und Reinheit dagegen immer garantiert.

Wirtschaftlichkeit im Blick

Wirtschaftlichkeit im Blick

Bei der Abwägung, ob eine Eigenproduktion von Stickstoff sinnvoll ist, spielt nicht zuletzt die Kostenseite eine entscheidende Rolle. Die Anlieferung des Gases ist bei geringen Verbrauchsmengen von maximal 20 Nm3/h die einzige wirtschaftlich sinnvolle Option. Bei einer Menge von ca. 20–1.100 Nm3/h kann zusätzlich auch die Eigenproduktion mittels PMA oder Membranverfahren in Erwägung gezogen werden. Allerdings kann mittels dieser Verfahren selbst unter optimalen Produktionsbedingungen eine maximal 99,9 %-ige bzw. 99,5 %-ige Reinheit des Stickstoffs erreicht werden.

Ab einer Menge von 1.100 Nm3/h ist die Erzeugung mittels kryogener Luftzerlegung die optimale Lösung aus wirtschaftlicher Sicht – auch hinsichtlich Qualität und Reinheit müssen bei diesem Verfahren keine Kompromisse eingegangen werden. Fazit: Die hohen Aufwendungen für das Equipment rentieren sich nur für sehr große Produktionen oder bei Nischenanwendungen mit geringem Qualitätsanspruch. Für eine Mehrzahl der Betriebe der Lebensmittel- und Getränkeindustrie ist die Anlieferung von Stickstoff aus qualitativer und wirtschaftlicher Sicht die erste Wahl.